Bernhard Redl, 11.9.2013: Was Linke waehlen koennten – Kaum eine Antwort auf die schwierige Frage

Die akin hat die Frage gestellt, warum Linke eines bestimmte Partei waehlen sollen. Die SLP hat geantwortet, dass die Lage beschissen und die SLP super sei. Sie hat ehrlich versucht, die Frage zu beantworten, aber ueberzeugend ist das nicht. Das ist aber nicht ein Problem, dass die SLP allein hat, denn die meisten wenig aussichtsreichen Wahlprojekte — nicht nur die linken und irgendwo auch die meisten der im Parlament vertretenen Parteien — tun sich mit einer solchen Frage schwer und wollen sie wahrscheinlich auch gar nicht verstehen. Dabei ist aber genau die Frage, zu welchem Zweck man sein Kreuzerl neben dem Namen einer wahlwerbenden Gruppierung machen soll, essentiell.

Sollte es ueberhaupt je der Fall gewesen sein, dass das Wahlvolk sich mehrheitlich wegen seiner starken Verbundenheit mit einer Partei oder Ideologie entschieden hat, so ist das zumindest heute nicht mehr so.

Der Waehler und die Waehlerin fragen sich heute viel mehr, was es denn nuetze, einer bestimmten Partei die Stimme zu geben. Denn einmal abgesehen von der Befuerchtung einer „verlorenen Stimme“ fuer eine Kleinpartei und auch einer generellen Verdrossenheit, dass das Abgeben seiner Stimme eben nur ein solches ist und keine echte politische Partizipation, zaehlt heute auch sehr viel, welche Wirkung der Zugewinn einer bestimmten Partei nach den Wahlen entfalten koennte.

Leute, die Strache oder Stronach waehlen, versprechen sich wohl die Stoerung einer so empfundenen grosskoalitionaeren Stagnation. Wer SPOe oder OeVP waehlt, erhofft vielleicht fuer seine Partei die Kanzlerschaft in der naechsten Regierung und groesseren Einfluss der jeweiligen „Gesinnungsgemeinschaft“. Wer Gruen waehlt, kann sich in der Hoffnung wiegen, dass sich diesmal vielleicht doch eine Regierungsbeteiligung ausgeht, in der die Partei vielleicht sogar bedeutsam sein koennte. Vieler dieser Wahlentscheidungen sind rein pragmatisch und man kreuzt halt das „kleinste Uebel“ an oder eine Partei, mit der man anderen Parteien „eins auswischen kann“.

Der Anfang August praesentierte Wahlslogan der Gruenen „Weniger belaemmert als die Anderen“ beschreibt auch die Wahlkaempfe der anderen Parteien, denn mehr als diese Behauptung haben sie alle nicht anzubieten. Mit einem positivem Angebot an das Wahlpublikum kann kaum eine Partei in einer ernst zu nehmenden Weise aufwarten. Die im Parlament vertretenen Parteien koennen aber immerhin darauf hoffen, dass sie gewaehlt werden, weil ihre Konkurrenten fuer jeweils bestimmte Waehlerschichten unwaehlbar sind.

Aber nicht einmal das koennen Gruppierungen, deren Einzug ins Parlament unwahrscheinlich oder zumindest ungewiss ist, fuer sich verbuchen. Diese braeuchten eine andere Argumentation, wozu ein Kreuzerl fuer sie sinnvoll waere. „Eine Stimme im Parlament“, „ein Zeichen setzen“ etc. ist auch nicht gerade attraktiv, denn wenn Regierungsmehrheiten ueber jeden Vorschlag der Opposition drueberfahren, dann ist die Aussicht auf eine moegliche Praesenz einer Minipartei auch nicht gerade das, was Waehlerscharen in heller Begeisterung den Kleinkandidaturen zutreiben wird.

Worum es geht, ist einfach, dass Kleinparteien die Sinnhaftigkeit ihrer Kandidatur erklaeren koennen muessen, wenn sie auch nur eine Chance haben wollen, dem Diktum von der „verlorenen Stimme“ entkommen zu koennen.

Die Argumentation der SLP, die Kaempfe ausserhalb der Parlaments mit einem Kampf im Parlament verknuepfen zu koennen, ist da sicher zumindest ein guter Ansatz, angesichts der Massenbasis der Partei aber auch kein wirklich zugkraeftiger. Abgesehen davon haben auch die Gruenen einstmals mit einer solchen Spielbein-Standbein-Theorie um Stimmen geworben — wir wissen, wie das ausgegangen ist.

Ich fuer meinen Teil werde die KPOe waehlen — aus der kynischen Konstruktion heraus, dass ich eine ungueltige Stimme abgeben moechte, die ein rotes Mascherl hat. Aber das ist halt die Position eines alten Anarchisten, also auch nicht gerade massentauglich.

*Bernhard Redl*