A.Holberg: SYRIEN – REVOLUTIONAR MARXISTISCHE STIMMEN AUS DEM WIDERSTAND (inprekorr, 3.3.2013)

Der Inprekorr-Artikel (inprekorr, 3.3.2013): SYRIEN – REVOLUTIONAR MARXISTISCHE STIMMEN AUS DEM WIDERSTAND (Inprekorr, 3.3.2013)) (LNA – 18. JULI 2013) würde zu Hoffnungen Anlass geben, wenn er nicht einige Fragen offenließe und andere m.E. zweifellos falsch beantwortete.

Es heißt dort: „Ob siegreich oder nicht — es ist wichtig, wahrzu­nehmen, dass es auch kämpfende Strömungen gibt, die sich auf den revolutionären Marxismus beziehen. Ihre politische Bedeutung werden sie auch nach dem Krieg — gewonnen oder verloren — entwickeln und verteidigen müssen.“ Was soll hier „gewonnener Krieg“ bedeuten? Ist der Krieg „gewonnen“, wenn das Regime gestürzt ist und Jihadisten sich durchsetzen (dass die desorganisierten und in vielen Fällen selbst islamistischen Milizen der FSA  diesen in den bereits ausgebrochenen Kämpfen mit den Jihadisten nicht das Wasser reichen können, ist inzwischen offensichtlich)? Wenn aber „gewonnen“ nichts weiter bedeutet als dass das Baath-Regime gestürzt ist, welche Möglichkeiten sehen die „linken Revolutionäre“ dann, auch nur ihre Haut vor den Jihadisten zu retten (außer sofortige Flucht aus dem Land – am besten nach Europa).

Weiter heißt es: „Im Folgenden berichte ich über die Vorgehensweise der Freien Armee in Daraja. Urteilen Sie selbst und verglei­chen Sie mit dem, was in anderen befreiten Gebieten geschieht“. Wenn Daraja, was wohl zutrifft, in dieser Hinsicht deutlich unterschieden ist vom Rest der „befreiten“ Gebiete, was heißt dann diese „Befreiung“ in jenen anderen Gebieten (die im übrigen seit einiger Zeit schrumpfen bzw. von jihadistischen Kräften übernommen werden, mit Ausnahme der von der kurdischen YPG kontrollierten Regionen)?

Und schließlich heißt es: „Die Zahl der Gebiete, die sich vom Joch des bürgerlich-diktatorischen Regimes befreit haben, wird immer grö­ßer.

Sie leiden unter den wiederholten Bombenangriffen der Regierungsarmee, die zu massiven Zerstörungen ge­führt und viele Infrastruktureinrichtungen verwüstet ha­ben. Das ganze gesellschaftliche Leben ist beeinträchtigt. Gleichzeitig wächst die Zahl an zivilen, lokalen Räten, die sich darum bemühen, den Alltag der Bevölkerung zu regeln. Parallel dazu agieren die Koordinationen weiter-hin als selbstorganisierte Strukturen der Volksbewegung, wenn sich die Einheiten des demokratischen bewaffneten Widerstands — bewaffnete Massen und übergelaufene Sol­daten — der mörderischen Maschinerie des diktatorischen Regimes entgegenstellen. Davon ausgenommen sind die Dschihadisten und Islamisten, die von den Ölmonarchien unterstützt werden. Es handelt sich dabei um kleine Split­tergruppen, die ein anderes Ziel haben: einen islamischen Staat oder anders gesagt: ein reaktionäres Projekt, für das sich die revoltierenden Massen nicht opfern wollen.“ Das wäre schön, wenn es irgendwelche Hibnweise darauf gäbe, dass es sich hier nicht nur um das Wunschdenken, „revolutionärer Linker“ in Daraja und ihrer ausländischen Glaubensbrüder handelte. Wie gesagt: die „befreiten“ Gebiete, deren Freiheiten schon fragwürdig sind, schmelzen seit einiger Zeit dahin. Vorallem aber sind sich praktische alle regionalen und internationalen Beobachter einig, dass diue Jihadisten zwar kaum die Mehrheit der syrischen Bevölkerung und nicht einmal die der zum Regime in Opposition stehenden repräsentieren, aber auf Grund ihrer militärischen Erfahrung, Rücksichtslosigkeit und (dank ihrer internationalen und vorallem arabischen Unterstützern) guten finanziellen Ausstattung eine führende Kraft der „Opposition“ sind – vielleicht nicht gerade in Daraja, aber Syrien ist ja wohl etwas größer.