„Office 20.000 Frauen“: Reaktion des Österreichischen Frauenrings zum Kommentar der anderen con Gudrun Kugler in der Standard

Liebe Frauen,

 Am 22.5. hat Gudrun Kugler (vormals Lang, Abtreibungsgegnerin, vernetzt mit allem, was katholisch-fundamentalistisch ist in diesem Land, auch Kämpferin gegen Abtreibung – eh klar – aber auch gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften) im Standard einen unsäglichen Kommentar – mit leicht antisemitischem Fallbeispiel und Muslimen-Diffamierung – zur Gleichbehandlung platziert; kritische Postings, die auf ihr politisches Umfeld hingewiesen haben, wurden aus dem Online-Forum umgehend entfernt.

Trotz vielfacher Unterstützung, auch von Grünen und SP-Frauen, lehnt der Standard die Veröffentlichung des Gegenkommentars von Brigitte Hornyik ab.

Wir bringen ihn Euch auf diesem Wege zur Kenntnis.

Hier geht’s zum Kommentar von Grudrun Kugler: http://derstandard.at/2000001478322/Gleichbehandlung-als-Umerziehung-der-Gesellschaft

 Und lest hier die Replik von Brigitte Hornyik, der allmählich die Auszeichnung „Feministin des Jahres“ gebührt (finden wir):

Privilegierung durch Gleichbehandlung?

Wenn’s um die Gleichbehandlung geht, kommen offenbar Emotionen hoch – dennoch sollte gerade der Blick von Juristinnen ins Gesetz dadurch nicht getrübt werden.

Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierung – in der Arbeitswelt und in anderen Bereichen. Das Gleichbehandlungsgesetz gilt selbstverständlich auch für private ArbeitgeberInnen. In der Arbeitswelt ist Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung (Antidiskriminierung) geboten. Im Bereich der Zurverfügungstellung von Gütern und Dienstleistungen erfasst der Diskriminierungsschutz nur die Gleichbehandlung aufgrund des Geschlechts und der ethnischen Zugehörigkeit. Der private Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin darf Homosexuelle nicht diskriminieren, WohnungsvermieterInnen, LokalbesitzerInnen, VeranstalterInnen hingegen schon – wo da der „Anschlag auf das freie Unternehmertum“ liegen soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Gleichbehandlungsgesetzgebung hat ja bereits längst Einzug in die Privatwirtschaft gehalten, von Anfang an, seit 1979: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit hat seit damals für ALLE ArbeitgeberInnen gegolten! Ein und derselbe Unternehmer bzw. Unternehmerin darf also z. B. Homosexuelle als ArbeitgeberIn nicht diskriminieren – als AnbieterIn von Dienstleistungen darf er oder sie homosexuelle KundInnen hingegen ausschließen: Frau Kugler meint, man wolle die unterschiedliche Behandlung „auch in der Privatwirtschaft verbieten“; in Wahrheit ist es hingegen so, dass das unterschiedliche Schutzniveau in der Privatwirtschaft auf ein einheitliches Niveau gebracht werden soll („Levelling-up“ ).

Dass der jüdische Hotelbesitzer seine Veranstaltungsräume dann auch MuslimInnen öffnen müsste – im Übrigen ein eigenartiges, nicht eben sehr realitätsnahes Beispiel –, ist nahezu Demagogie oder krasse Unkenntnis des geltenden Gleichbehandlungsrechts: Ausnahmebestimmungen gibt es bereits genug: Stellenausschreibungen dürfen unter bestimmten Umständen auf Frauen beschränkt werden, eine konfessionelle Einrichtung darf sich im Arbeitsleben für bestimmte Tätigkeiten auf Angehörige ihrer Konfession beschränken, bei der Zurverfügungstellung von Gütern und Dienstleistungen ist es ebenfalls zulässig, bestimmte Wohnräume z. B. nur an Frauen oder nur an Männer zu vermieten. Wenn der Diskriminierungsschutz ausgeweitet wird, würden wohl auch die Ausnahmebestimmungen ausgeweitet.

„Es gibt aber kein Menschenrecht auf Nichtdiskriminierung zwischen Privaten“, schreibt Frau Kugler; die Privatautonomie, die Eigentumsfreiheit und andere Grundrechte würden beeinträchtigt. Außerdem befürchtet sie eine Umsetzungs- und Kostenkrise.

Der Gleichheitssatz ist sehr wohl ein Menschenrecht; dass er auch im Bereich der Privatwirtschaft in abgemilderter Form gilt – Stichwort: Drittwirkung der Grundrechte – ist seit langem ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofs. Die Einhaltung und Umsetzung von Menschenrechten sollte dem Staat durchaus auch Aufwendungen wert sein. Die Freiheit des/der einzelnen geht überdies immer nur so weit, als die Freiheit anderer nicht unzumutbar beeinträchtigt wird: Darf z. B. ein Gastwirt als freier Unternehmer seine Homophobie uneingeschränkt ausleben – nicht als Arbeitgeber, siehe oben! – ist die Freiheit anderer Menschen stark beeinträchtigt! Jedes Grundrecht muss immer in Bezug auf andere Grundrechte ausgelegt werden, Privatautonomie und Eigentumsrecht sind Beschränkungen aufgrund öffentlicher Interessen unterworfen. Und im Namen der Religions- und Gewissensfreiheit dürfen Menschen nicht diskriminiert werden – das würde den Gleichheitssatz gänzlich unterlaufen! Es darf ja auch niemand mit der Begründung umgebracht werden, dass Religion oder Gewissen den Mord befohlen hätten! Dass die traurige Realität diesen rechtlichen Vorgaben bisweilen drastisch zuwider läuft, ist ein anderes Thema.

Wer durch einen Lückenschluss in der Gleichbehandlungsgesetzgebung privilegiert werden soll, ist schlicht unverständlich. Die Rothaarigen und die SnowboarderInnen sicher nicht….

Gleichbehandlungsgesetzgebung erzeugt wie Gesetzgebung überhaupt eine gesellschaftliche Sensibilität und schärft die Wahrnehmung von Diskriminierung. Deswegen nehmen SchwedInnen Diskriminierungen vielleicht stärker wahr als TürkInnen, wie Frau Kugler schreibt. Gesetze über Missbrauch, Aufdeckung solcher Fälle, Bestimmungen über sexuelle Belästigung: Sie alle haben Missbrauch und sexuelle Belästigung nicht geschaffen, sondern Aufmerksamkeit für Missstände erzeugt und sind eine legistische Antwort auf eben diese Missstände. Der derzeit diskutierte Lückenschluss privilegiert daher niemand und erzeugt auch keine Diskriminierung, sondern würde ein längst fälliges einheitliches Schutzniveau schaffen.

 Dr.in Brigitte Hornyik, Verfassungsjuristin, Vorstandsmitglied im Österreichischen Frauenring für den Verein Österreichische Juristinnen