Johann Schögler, 29.7.2014: Israel-Palästina – Wen interessiert es?

Noch immer wird die Begründung des einseitigen totalen Krieges Israels gegen Gaza – einem von Israel zu Land, aus der  Luft und zu Wasser belagerten Freiluftgefängnis – der legitim gewählten Hamas bzw. ihrem militärischen Flügel zugerechnet, die die 3 Talmudschüler Anfang Juni im Westjordanland ermordet haben soll.

„Inzwischen hat Polizeisprecher Micky Rosenfeld gegenüber der BBC eingeräumt, dass die Täter ohne Wissen der Hamas-Führung auf eigene Faust gehandelt hatten. In der aktuellen Kriegsberichterstattung in Israel ist dieses Eingeständnis bislang aber fast komplett untergegangen“ (spiegel.de 28.Juli, http://derstandard.at/2000003644291/BBC-Journalist-Hamas-Fuehrung-wusste-nicht-von-Mord-an-Jugendlichen) .Und im Rest der Welt? Auch kein Zufall.

Wen hat es interessiert, dass es nicht stimmte, als G.W. Bush einen katastrophalen Krieg gegen Saddam Hussein mit dem Vorwand begann, dieser Diktator habe Massenvernichtungswaffen und sei eine Bedrohung für die Menschheit? Die größten Presseagenturen haben es hinausposaunt und die vorherrschenden Medien haben rund um die Welt kritiklos eingestimmt und die größten Antikriegsdemonstrationen der Geschichte ausgeblendet.

Wen wird es interessieren – sollte die Wahrheit in nächster Zeit in die Öffentlichkeit kommen – wer oder was tatsächlich für den Absturz der malaysischen Passagiermaschine MH17 verantwortlich ist? Hauptsache der US-Geheimdienst hat die Schuldigen unter den prorussischen Milizen in der Ostukraine ausgemacht, Hauptsache die Maschinerie gegen Putin läuft in Richtung Ost-West Konflikt. Diesmal Kapitalismus gegen Kapitalismus, der wohl aus seiner schwersten Krise seit 1929 wieder nur durch einen Krieg herauszukommen versucht. „Stoppt Putin jetzt“ ist aus den kriegstreibenden Mündern zu hören. Allein die damit verbundene mediale Ablenkung des Krieges gegen Gaza wird solange dauern wie Israel Gaza bombardiert. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Erklärung des ukrainischen Präsidenten Poroschenko, er möchte aus der Ukraine ein zweites Israel machen. Möglicherweise haben sich die Geheimdienste jetzt schon koordiniert.

Die Bilder der Aufräumarbeiten und Bergung von Leichen während der Feuerpause haben in Gaza das schreckliche Ausmaß der totalen Zerbombung ganzer Stadtviertel gezeigt und mögen die Leute bewegen oder wütend machen, aber Mitleid und Wut sind keine politischen Kategorien und bedienen hier auch nur eine feindliche antisemitische Grundhaltung, indem die Wut gegen den Aggressor sich nicht verhindern lässt. Die antisemitischen Zwischenfälle auf dem Fußballfeld in Tirol gehören in diese Kategorie und sind strengstens zu verurteilen, ebenso wie Übergriffe auf jüdische Geschäfte oder auf Synagogen wie sie vereinzelt in Frankreich nach dem friedlichen Abschluss von Demonstrationen – in denen die Polizei provoziert hatte – vorkamen, um weitere Demonstrationen verbieten zu können.

Dass unser Bundespräsident zu den Vorfällen auf dem Fußballfeld sofort Stellung nahm ist rechtens. Unverständlich hingegen ist, dass er bis heute kein Wort zum grauenhaften Vorgehen Israels gegenüber der eingeschlossenen Bevölkerung in Gaza über die Lippen brachte.

Mit „Israel habe ein Recht auf Verteidigung“ billigt Obama das brutale Vorgehen in Gaza und seine Worte des Aufhörens sind reine diplomatische Floskeln.

Die aus dem Gazastreifen von militanten Widerstandskämpfern abgefeuerten zig-tausend Raketen – Schreckschussraketen – in Richtung Israel liefern der israelischen Seite erst eine öffentliche Legitimation für ihr Vorgehen. Militärisch sind sie eine Null. Keiner der 53 getöteten israelischen Soldaten war dadurch umgekommen. Netanjahu hat auch seine ganze Legitimation für diesen einseitigen Krieg (bisher 1.100 Tote Palästinenser, zwei Drittel Zivilisten und auf der anderen Seite 53 israelische Soldaten und 3 Zivilisten) darauf aufgebaut.

Die Hamas fühlt sich in die Enge getrieben und versucht sich verzweifelt zu wehren, nachdem der wichtigste Verbündete Mursi in Ägypten von General Al-Sissi mit US- und Israels Unterstützung vor einem Jahr weg geputscht worden war. Die monatelangen US-Friedensgespräche Kerrys waren wie zu erwarten im April gescheitert.Die Einheitsregierung zwischen Fatah und Hamas war der israelischen Regierung ein Dorn im Auge, denn es hätte einen Friedensplan geben können, den Israel nicht will. Also Krieg und ein Vorwand muss her.

Lösbar ist der seit Jahrzehnten dauernde Konflikt, der Widerstand der Palästinenser gegen Vertreibung, Besatzung, Unterdrückung, Apartheid und alle paar Jahre ein Krieg seitens der Kolonialmacht Israels nur politisch und nicht militärisch.

Entweder Israel akzeptiert, dass die Palästinenser einen eigenen souveränen lebensfähigen Staat nach den Grenzen von 1967 bekommen, oder Israel akzeptiert, dass es einen bi-nationalen laizistischen Staat gibt, in welchem alle auf diesem Gebiet Lebenden das gleiche Stimmrecht haben. Nun, in Israel ist Netanjahu mit seiner rechtslastigen und rechtsextrem unter Druck stehenden Regierung weder bereit, das Eine noch das Andere zu akzeptieren und setzt auf den überlegenen Militärapparat, um den legitimen Widerstand der Palästinenser im Kampf um ihre Rechte zu brechen.

Johann Schögler Graz 29. Juli 2014

Aktivist der Steirischen Friedensplattform www.friedensplattform.at

Herausgeber von: www.linkewoche.at